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Heißes Eisen – Kamin im Camper

Kaminöfen erfreuen sich in Reisemobilen stark steigender Beliebtheit, sind sie doch gemütlich, praktisch und wenig anfällig für Defekte. Doch Einbau und Nutzung sind nicht so trivial und lässig, wie man denken könnte. Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengetragen

Knisternde Flammen und behagliche Wärme begeistern uns, aber eine offene Feuerstelle im Fahrzeug? Das rangiert für viele zwischen Irrsinn und Bauwagencharme, vielleicht auch, weil ein Kaminofen ­unpraktisch, schwer, schmutzig und groß ist, mit immensem Platzbedarf und ­bescheidener Wärmeverteilung. Und dennoch: An einem ­verregneten, kalten Reisetag im Auto sitzen, einen Bratapfel auf der Ofenplatte, das wäre schon sehr dekadent, und schön.

Bohemian Vanlife – mit Ofen

Seit einigen Jahren kommen immer wieder neue und frische Ideen aus der ­Vanlife- und Tiny-House-Szene herüber­geschwappt, nicht immer praxisgerecht für Offroadcamper, aber meist mit Stil. Hier wurden auch die Schiffsöfen wieder­entdeckt, sind sie billig in Anschaffung wie Betrieb, einfach einzubauen, simpel zu nutzen, originell, dekorativ. Ein Ofen in großen Reise-­Lkw ist nichts Neues, schon in den 1970er- und 1980er-Jahren wanderten oft Schiffsöfen von Dickin­son oder Davey in die Wohnkabinen von Globetrottern. Auch die erste Truma-­Heizung, die „Truma-­matic” von 1961, setzte auf Strahlungswärme. Mit Gasbrenner zwar, aber als lokale Wärmequelle, ohne Strom­verbrauch. Kein Wunder, waren doch die Batteriekapazitäten lange Zeit nicht so groß, als dass man sich dauerhaft mitlaufende Lüfter hätte erlauben können (Marktstart für die erste Gebläseheizung Trumatic E: 1975).

Nun erleben die Öfen ihre Renaissance: mal aus praktischen Erwägungen, mal aus Stromökonomie, meist aus romantischen Gefühlen der offenen Flamme gegenüber. Da in den vergangenen Jahrzehnten die Autos erheblich an Volumen gewonnen haben, funktioniert das Ofenprinzip auch besser als früher. Es gibt eine größere Auswahl an Modellen und mehr Zubehör. Klingt alles soweit gut – wäre da nicht die Sache mit der Feuergefahr, und den mit ihr verbundenen Problemen.

Keine Norm regelt den Einbau eines Ofens im Camper

Offenes Feuer im Auto – unmöglich!

In der StVZO nach einem Paragraphen zu offenen Feuerstellen in Kraftfahrzeugen zu suchen, ist ein vergeblicher Akt, doch was bei einem Fahrzeug nicht ausdrücklich erlaubt ist, fällt erst einmal unter „verboten”. Sachverständige der Prüf­organisationen finden keine Antworten, auch Schornsteinfeger sind nicht zuständig, solange das Mobilheim noch mobil ist. Eine Zulassung aus dem Ausland importierter Miniöfen gemäß Bundesemissionsschutzverordnung? Eine ­Seltenheit. Versicherungsagenturen oder Makler schütteln ebenfalls die Köpfe, oft mehr aus Reflex, denn dank Fachwissen. Tenor: Feuer im Auto? Besser nicht. Und damit liegen sie so falsch nicht.

Schon in den immobilen vier Wänden kann ein falsch installierter Kamin tödlich sein: unsichtbar durch Kohlenmonoxid oder ganz plakativ durch ein ausbrechendes Feuer – um den Ofen herum, oder als Rußbrand im Schornstein. Passiert dies in ­einem Camper, der zu weiten Teilen aus brennbarem Material besteht und leicht entzündlichen Kraftstoff an Bord hat, ist die Katastrophe klar. Hinzu kommt: Der Wagen erlebt auf Straße und Piste permanente Erschütterungen, ursprünglich luftdichte Verbindungen können sich unbemerkt öffnen, Dichtungen sich setzen. In den wenigen Kubikmetern einer Wohnkabine hat es Kohlenmonoxid nicht weit bis in die Nasen derer, die beim Blick auf das knisternde Kaminfeuer eingeschlummert sind.

Nordpeis Orion Gussofen aus Norwegen, Heizleistung: 4,9 Kilowatt, Gewicht: 72 Kilogramm,Maße: (B/H/T) ca. 28 x 30 x 27 Zentimeter, Preis: circa 700 Euro. nordpeis.de

Eigeninitiave – unumgänglich

Einen Kaminofen zu installieren, ist ein anderes Sujet als der Einbau einer Standheizung. Hier gibt es keine verlässlichen Infos, Fakten und Tutorials, nur persönliche Erfahrungen, Youtube-Clips und Insta-Inspirationen. Bei Abgas­temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius und einem Frischluft­bedarf von etwa zehn Kubikmetern Luft pro Kilogramm Brennholz wird schnell klar, dass ein Ofeneinbau kein Spaß für Zwischendurch ist. Tipp: Sprechen Sie Ihren Kaminkehrer an, damit er Sie bei der Konzeption begleitet, planen Sie mit allen verfügbaren Reserven, mit Netz und doppeltem Boden.

Erwarten Sie von Dritten keine belastbaren Fakten zu ­einem fachgerechten Aufbau, weder vom Hersteller oder Importeur des Ofens, noch von Händlern oder anderen „Sachverständigen”. Vertrauen Sie auf Ihr eigenes Urteilsvermögen – wenn Sie sich an Standards aus dem Kaminbau für Immobilien orientieren, sind Sie auf der sicheren Seite. Und doch werden Baustellen bleiben, für die es keine Patentlösung gibt: Durchbrüche durch Sandwichwände oder -decken, aufsteckbare Kaminrohre, Rußeintrag durch Fahrtwind, Hitzeschilde für das umstehende Mobiliar.

Wir haben die wichtigsten Eckpunkte ausführlich zusammengefasst, auf die es bei Aufbau und Betrieb ankommt und was man rechtlich beachten muss. Nachzulesen in VANderlust-Ausgabe 01-2024.


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