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Toilettengang draussen: die Spatenlösung

Für die einen ist es ein absolutes No-Go, andere finden nichts dabei, ihre Notdurft in der freien Natur zu verrichten. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen. Prinzipiell kann es eine Möglichkeit sein, wenn man ein paar Dinge beachtet

Toiletten sind ein eher unliebsamesn Thema, wenn es ums Reisen geht. Doch früher oder später muss sich jeder damit auseinander setzen. In der Ausgabe 02-2024 gibt es auf neun Seiten einen umfangreichen Bericht zum Thema Toilettensysteme. Unsere Autorin Sarah Kringe setzte sich außerdem mit dem Thema Toilettengang draußen auseinander:

Die einen finden nichts dabei, ihren Toilettengang draussen in der freien Natur zu verrichten, genießen vielleicht sogar frische Luft und Aussicht. Für andere wiederum ist es ein absolutes No-Go. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen. Die VANderlust hat mit Assoc. Prof. Dr. Franz Zehetner von der Universität für Bodenkultur in Wien darüber gesprochen, unter welchen Bedingungen es möglich ist und worauf man dabei achten sollte.

VANderlust: Herr Zehetner, ist der Toilettengang in der Natur denn nun vertretbar oder nicht?

Zehetner: Das ist, wie so oft, vor allem eine Frage der Menge. Wenn es sich an einer Stelle, z.B. einem beliebten Stellplatz, anhäuft, dann kann das schon zu einem Problem werden.

VANderlust: Inwiefern?

Zehetner: In erster Linie zu einem Hygieneproblem. Menschliche Fäkalien beinhalten sehr viel Bakterien und Keime, die bei anderen Lebewesen Krankheiten auslösen können. Außerdem wird die Nährstoffsituation im Boden lokal beeinflusst. Das wirkt wie eine Überdüngung, man kennt das aus der Landwirtschaft. Punktuell und besonders in Gewässernähe ist das problematisch. Wenn Stickstoff und Phosphor aus den menschlichen Ausscheidungen ausgewaschen werden und in ein Gewässer gelangen, begünstigen sie dort das Algenwachstum. Die Algen sterben dann wiederum ab, werden abgebaut, dem Gewässer wird dabei Sauerstoff entzogen und es können sogenannte Todeszonen entstehen. Dann spricht man davon, dass ein Gewässer gekippt ist.

Der Abstand zu Gewässern ist entscheidend

VANderlust: Wieviel Abstand zu Gewässern sollte man einhalten, damit das nicht passieren kann?

Zehetner: Hier kommt es auf die hydrologische Situation vor Ort an, der Schutz durch die Vegetationsdecke ist dabei entscheidend. Mit Büschen, Bäumen oder Gras dicht bewachsene Uferböschungen bezeichnet man als Pufferstreifen. Diese halten die Stoffe von den Gewässern fern, da reichen häufig schon wenige Meter Puffer. Wenn man aber sieht, dass es keine ausreichend bewachsene Pufferzone gibt oder an einer Stelle schon Regenwasser von der Bodenoberfläche ins Gewässer fließt, dann ist das kritisch. Solche Stellen, an denen durch Starkregen und Erosion Bodenmaterial ins Wasser gelangen kann, sollte man meiden. Wann immer möglich, sollte man seine Hinterlassenschaften außerdem eingraben.

VANderlust: Was gibt es dabei zu beachten?

Zehetner: Der erwähnte Pufferstreifen an Gewässern ist das wichtigste. Böden sind resilienter als Gewässer, d.h. sie kehren schneller wieder zum Ursprungszustand zurück und haben, wenn es nicht zu viel ist, kein Problem, solche Substanzen zu zersetzen. Diese Arbeit leisten Mikroorganismen, die mit zunehmender Bodentiefe allerdings immer weniger werden. Ich würde daher nicht zu tief graben, ca. 10 bis 20 Zentimeter am besten, dann können die Mikroorganismen arbeiten und gleichzeitig kann das vergrabene Material nicht so leicht durch Regen oder Tiere wieder an die Oberfläche gelangen. Wenn man außerdem ein wenig mit Erde durchmischt, verläuft der Zersetzungsprozess noch schneller.

VANderlust: Kann man das Toilettenpapier mit vergraben?

Zehetner: Zellulosebasiertes Toilettenpapier müsste gut abbaubar sein, ja. Feuchtes Toilettenpapier dagegen darf man auf keinen Fall in der Natur lassen.

Die Zersetzung kann mitunter Jahre dauern

VANderlust: Wie lange dauert es, bis alles abgebaut ist?

Zehetner: Da gibt es keine Faustregel, das hängt sehr stark vom jeweiligen Ökosystem ab. Vor allem zwei Faktoren sind dabei entscheidend: Feuchtigkeit und Temperatur. In mäßig feuchten Böden bei warmen Temperaturen geht das relativ schnell, innerhalb weniger Wochen, in trockenen, heißen oder steinigen Gegenden passiert fast gar nichts. Das kann dann Jahre dauern und die Fäkalien werden richtiggehend konserviert. Wenn sich dann mehr angesammelt hat und durch einen plötzlichen Starkregen ausgespült wird, ist das denkbar schlecht.

VANderlust: Wie sieht es aus mit dem Inhalt von Trockentrenn- oder Komposttoiletten, kann der ebenfalls vergraben werden?

Zehetner: Ich bezweifle, dass das in der kurzen Zeit bei diesem kleinen Volumen wirklich kompostiert wird. Dann ist es kontraproduktiv, das zu vergraben, denn man bringt damit eine sehr große Menge Fäkalien – inklusive Nährstoffen und Fäkalkeimen – punktuell an einen Ort und das führt zu Problemen. Von der Hygieneseite her würde ich das nicht empfehlen. Die beste Lösung wäre meiner Meinung nach, den Inhalt in einer Toilettenanlage zu entleeren oder zuhause in eine Kompostieranlage zu geben, wo er weiter kompostiert werden kann.

VANderlust: Herr Zehetner, vielen Dank für das Gespräch.

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