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Reiseziel Peloponnes – Eine Handvoll Historie

Die meisten Menschen verbinden Griechenland mit seinen traumhaften Inseln wie Santorin, Kreta oder Korfu. Aber das Land hat so viel mehr zu bieten – ohne, dass man eine einzige Fähre nehmen muss. Eine Herbsttour über die historische Peloponnes

An einer Stelle ist die Straße durch Kampos so schmal, dass der Camper gerade so mit eingeklappten Spiegeln zwischen den steinernen Hauswänden hindurchpasst. Mit ausgestrecktem Arm könnte man das von der Herbstsonne gewärmte Mauerwerk neben dem Fenster berühren. Die Straße, die durch die kleine Ortschaft im Inneren der Halbinsel Mani führt, ist nicht nur eng, sondern auch steil. Wer hier auf Nebenstraßen unterwegs ist, erlebt eine wilde, bergige Landschaft, gepaart mit fantastischen Ausblicken aufs Meer. Mani, der „Mittelfinger” der Peloponnes, hat etwas, das den Reisenden gefangen nimmt. Vielleicht, weil diese Gegend ganz anders ist als das Griechenland, das man kennt.

Die Dörfer und Gebäude auf Mani wirken widerstandsfähig. Pyrgospita wird die besondere Bauweise dieser Wohntürme genannt, die ihre Bewohner hauptsächlich vor ihren eigenen Nachbarn schützen sollten. Denn die Halbinsel mit dem hohen Gebirge hat eine morbide Geschichte. Sie machte nicht gerade durch Gastfreundschaft auf sich aufmerksam, und so diente sie bis ins 20. Jahrhundert Schmugglern und Piraten als Rückzugsort. Hunderte ihrer Einwohner sind Morden und Blutrachefehden zwischen Clans und Nachbarn zum Opfer gefallen. Am südlichsten Punkt Manis, am Kap Tenaro, erzählt die antike Mythologie, habe sich der Eingang zum Hades – zur Unterwelt – befunden. Außerhalb der Saison ist Mani fast ausgestorben.

Östlich des Pindos-­Gebirges ragen bizarr geformte Sandsteinfelsen empor. Auf ­ihnen wurden die Metéora-Klöster errichtet

Schon in der Hauptsaison gilt die Halbinsel als ­Geheimtipp, im Herbst und Winter sind die Strände und Wanderwege menschenleer. Am Stellplatz im ­Gebirge kommt außer einer Ziegenhirtin niemand vorbei. Die Sonne scheint auch Anfang Dezember noch unermüdlich, das Meer ist zu warm, um Wein darin zu kühlen, kalter Winter ist weit entfernt.

Überhaupt: die Sonne. Je größer der Abstand zur griechisch-nordmazedonischen Grenze, desto wärmer und heller wird es. Eben noch freute man sich in Mittel­griechenland über einen Zwischenstopp an den heißen Quellen der Thermopylen, wo das schwefel­haltige Wasser mit über 40 Grad aus dem Boden blubbert. Nur wenige hundert Kilometer südlich, an der Ochsenbauchbucht, tut nun ein Bad im angenehmen Wasser des Ionischen Meeres ebenso gut.

Die heißen Quellen sind um diese Zeit ein beliebtes Ausflugs- und Touristenziel. Ohne Eintritt und ohne Beschränkung können Besucher sich ins heiße Becken setzen – nur mit dem intensiven Schwefelgeruch müssen sie zurecht kommen. So verlockend die Nähe zum heißen Bad ist, lädt der Geruch nicht unbedingt dazu ein, ­direkt neben dem Becken das Nachtlager aufzuschlagen.

Monemvasia: Wo sich in den Sommer­monaten die Touristen drängeln, findet man in der Nebensaison fast leere Gassen und Plätze

Zwischen Orangenhainen und Fischerdörfern

Der Herbst ist die ideale Reisezeit für das griechische Festland. Der größte Touristenansturm ist vorüber, die drückende Hitze der Sommermonate hat nachgelassen, Land und Leute atmen spürbar auf. An den Weg­rändern wachsen duftende Wildkräuter, in den Orangen­hainen hängen die reifen Früchte und die vielen Ölmühlen laufen auf Hochtouren. Mit jedem nur denkbaren Vehikel transportieren die Olivenbauern ihre Ernte über kleine Nebenstraßen – Pickups, Pkw, Traktoren, sogar Pferdegespanne. Eines haben sie alle gemeinsam: ­völlige Überladung. Die Achsen biegen sich unter Hunderten Kilo frischer Oliven und den Erntehelfern, die auf den Säcken sitzend fröhlich winken. Dass einige dieser Gefährte überhaupt vom Fleck kommen, ist ­erstaunlich.

Mindestens ebenso bemerkenswert sind die Freundlichkeit und Neugier der Einheimischen. Da drückt einem der Bauer ein paar Früchte in die Hand, im Supermarkt die Kassiererin eine Handvoll Süßigkeiten und an der Ölmühle bekommt man mit etwas Glück sogar eine Flasche frisch gepresstes Olivenöl. Die Einheimischen sind sehr gesprächig und kommen gern auf einen kleinen Plausch oder auch mal ein Glas Wein am Stellplatz vorbei – dafür muss man nicht einmal dieselbe Sprache beherrschen. Auch ohne sie kommt schnell eine längere Unterhaltung in Gang. Kommuniziert wird mittels Gelächters und wilden Gestikulierens. „Woher kommt ihr? Wie gefällt es euch hier? Ist es nicht traumhaft schön?” Die Griechen lieben ihr Land, das spürt man in jeder Unterhaltung, und sie wollen Reisenden seine Schönheit und Liebenswürdigkeit unbedingt nahebringen. Als ob das noch nötig wäre!

Die Sonne scheint auch Anfang Dezember unermüdlich und das Meer ist zu warm, um Wein darin zu kühlen

Bei der Ankunft am Abend leuchtet die Sonne durch die Felsen, die die Voidokilia, die Ochsenbauchbucht nahe des Örtchens Pylos, vom Meer trennen. Sie lassen nur einen schmalen Durchgang
übrig, über den der omegaförmige Strand mit dem offenen Meer verbunden ist. Diese perfekte geometrische Form können Wanderer von der Paliokastro, der Burgruine, bestaunen, die auf einem der Felsen über der Bucht thront. Die Stimmung in den kleinen Fischerorten, wie ­Koroni oder Methoni, ist entspannt. Die Tavernen öffnen nur für die Einheimischen, statt Eis liegen Berge an süßen und gehaltvollen Kuchen in den Auslagen. Entspanntheit prägt das öffentliche Leben und färbt auch bald auf die Reisenden ab, und zwar dann, wenn alles im Supermarkt nur mit griechischen Buchstaben ­beschriftet ist. Oder wenn aus demselben Grund der Anfang des Wanderweges unauffindbar bleibt oder der nächste Stellplatz nur über eine Offroad-Piste zu erreichen ist – alles halb so wild.

Freies Stehen wird hier außerhalb von Nationalparks und Naturschutzgebieten weitestgehend geduldet, vorausgesetzt, Besucher verhalten sich rücksichtsvoll und zurückhaltend und verlassen die Plätze so, wie sie sie vorgefunden haben. Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist leider nicht immer der Fall. Beliebte Stellplätze sind häufig vermüllt oder werden zu oft als öffentliches WC missbraucht. Antizyklisches Reisen ist bei Overlandern beliebt. Warum auch nicht?

Die meisten Camper zieht es weiter in den Süden. Das kommt denen zugute, die sich Zeit für die Halbinsel nehmen

Die Freiheit, jederzeit dorthin fahren zu können, wo man möchte, macht schließlich für viele den Reiz dieses Lebensstils aus. Doch die meisten Camper, die man trifft, zieht es weiter in den Süden. Kreta wird immer wieder als Reiseziel genannt, unzählige Vanlifer wollen dort den Winter verbringen. Die Peloponnes ist für die meisten nur eine Durchgangs­station oder ein Abstecher. Das kommt denen zugute, die sich Zeit nehmen, die Halbinsel zu erkunden. Gegen den Uhrzeigersinn, von West nach Ost. Die drei „Finger” der Peloponnes ­bilden dabei eine empfehlenswerte Route. Sandstrände und Steilküsten wechseln sich dabei ab, das Landes­innere ist gebirgig, Offroad-Fans können sich austoben.

In den Fischerdörfchen an der Küste ist es im Herbst meist still und entspannt, machmal auch einsam

Hochburg der Historie

Wer sich für historische Stätten interessiert, ist auf der Peloponnes ebenfalls gut aufgehoben. Viele der größten griechischen Ausgrabungen liegen auf der Halbinsel, unter anderem Sparta, Mykene und Olympia. Auch hier profitiert, wer in der Nebensaison reist. Die Eintrittspreise sind angepasst und betragen häufig nur die Hälfte. Die schönsten Sehenswürdigkeiten sind aber ohnehin umsonst. Der Rintomo Canyon auf Mani beispielsweise, der über kleine Gebirgsstraßen zu erreichen ist und durch dessen steile hellgrau-blaue Felswände ein mehrstündiger Wanderweg führt.

Oder die Aussicht vom Leuchtturm am Kap Tenaro, wo sich früher die Seefahrer vor der Kapumrundung fürchteten und deshalb auf der Suche nach göttlichem Beistand einen Poseidon-Tempel errichteten. Eine, die es nicht geschafft hat, ist die Dimitrios. Kurz vor dem Übergang zum östlichsten Finger, nahe der Hafenstadt Gythio, liegt ihr Wrack am Strand. Beeindruckendes Fotomotiv im klaren Wasser und rostige Mahnung, dass Herbst und Winterstürme auch hier wüten können. Davon ist um diese Zeit aber noch nichts zu spüren, die Fischerboote kommen unversehrt zurück. In Gythio verkaufen sie für wenig Geld ihren frischen Fang: ­Pulpo, Garnelen, Makrelen. Wer will, kann sich abends am Lagerfeuer eine große Fischplatte grillen.

Der östliche Finger präsentiert sich beinahe ebenso einsam wie die Mani. Könnte man dort nur einen einzigen Ort besuchen, sollte man unbedingt das Städtchen Monemvasia wählen. Die Altstadt, das „­Dubrovnik Griechenlands”, stapelt sich einen vorgelagerten Felsen im Meer hinauf. Im Sommer sei hier die Hölle los, berichten die Betreiber einer Taverne im Hafen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Dann nämlich schieben sich die Touristen durch die zauberhaften, engen, von der Sonne auf weit über 40 Grad aufge­heizten Stein­gassen. Anfang Dezember befindet sich das Städtchen bereits im Winterschlaf. Zwar haben die meisten Cafés und Tavernen geschlossen, aber wer würde sich angesichts menschenleerer Plätze, angenehmer Temperaturen und blühender Balkone schon beschweren wollen?

Der Aufstieg zur Burgruine ist bei Weitem keine so schweißtreibende Angelegenheit wie im Hochsommer, von unten blinkt das blaue Meer ­herauf. Wer dagegen unbedingt ins Schwitzen kommen will, sollte in Leonidi anhalten, einem der beliebtesten Klettergebiete Griechenlands und im Herbst Treffpunkt von Kletterfans und Campern aus ganz Europa. Doch selbst zu dieser Jahreszeit kann es dort voll werden.Zeit, die Peloponnes über den Kanal von Korinth zu verlassen und ein letztes Mal in Thessalien zu stoppen.

Weiterfahren fällt schwer: Die Landschaft der Metéora-Klöster genießt man am besten am frühen Morgen oder späten Abend

Säulen der Natur

Kein Besuch des griechischen Festlandes ist komplett ohne Metéora, diese einzigartige Landschaft aus steinernen Säulen und menschengemachten Storchen­nestern. Auch hier können sich Kletterer an den schwindelerregenden Felstürmen austoben, die sich aus der Ebene Hunderte von Metern in die Höhe ­recken. Wer will, kann es aber auch ruhiger angehen lassen, unzählige Wanderwege durchziehen die Sandsteinsäulen, die besonders Wagemutigen trauen sich nah an den Abgrund, um die beste Aussicht auf die Klöster zu erhaschen, die wie Kronen auf ihren Fels­nadeln sitzen.

Den besten Blick auf die Klöster bieten ohnehin die frühen Morgen- oder Abendstunden, wenn die Touristen­busse und Ausflügler abgereist sind. Metéora ist tatsächlich der erste Ort dieser Tour, der touristisch anmutet, und wo selbst um diese Jahreszeit viel los ist. Umso besser, wenn es gelingt, einen der versteckten Stellplätze ausfindig zu machen, die einem das Privileg einräumen, diese Gegend nahezu allein zu erleben. Zwar sind die Klosterpforten dann geschlossen, aber die Abendstimmung zwischen den Felsen ist unbezahlbar.

Für jeden Reisenden hält Griechenland eine andere Art von Abschied bereit. Sei es ein letzter Abend­spaziergang bei Sonnenuntergang am Meer, ein köstliches Fischgericht – oder aber ein knarziger, wetter­gegerbter Ziegenhirte wie aus den Erzählungen ­Homers. Dieser setzt sich ans Lagerfeuer, holt Bier und Schokolade aus seinem Leinenbeutel hervor und stellt sich alle fünf Minuten erneut vor. Dabei klopft er sich auf die dürre Brust, lacht ein herzliches, zahnloses Lachen und verkündet „Dimitri!”. Nächstes Jahr, erzählt er in gebrochenem Englisch, werde er 70. Man sei herzlich eingeladen, zu einer großen Feier und einem ­gegrillten Kalb. Eine ungewöhnliche Einladung, aber warum nicht? Griechenland wäre sicher noch viele weitere Reisen wert.

Die Gemüsehändler in den Dörfern verkaufen saisonale Ware: frische Granatäpfel, Kakis, Orangen – und Chilis

Reiseinformationen Peloponnes

Die Halbinsel Peloponnes liegt im Süden Griechenlands. Sie ist mit 21.500 Quadratkilometern ähnlich groß wie Hessen, aber mit rund einer Million Einwohnern deutlich weniger besiedelt als das Bundes­land. Die Bezeichnung entstammt der Insel des Pelops, weshalb „die” Peloponnes korrekt wäre, inzwischen hat sich jedoch der maskuline Artikel durchgesetzt. Im Norden liegt die größte Stadt Patras, ansonsten sind die Orte Korinth, Sparta und Olympia für ihre Geschichte bekannt.

Anreise

Der einfachste Weg ist mit der Fähre von Italien nach Patras. Günstiger, aber langwieriger kommt man auf dem Landweg über die Balkan- oder die Adriaroute. Für die Balkanroute sollte man 2 bis 3 Tage einplanen, die Adriaroute dauert noch länger. Achtung: Nicht-EU-Staaten werden durchfahren, man sollte sich vorher unbedingt über die Transitbestimmungen dieser Länder informieren. Auf die Peloponnes: Festlandverbindung entweder aus Richtung Athen über den Kanal von Korinth oder via Golf von Patras. Letzteres entweder mit einer Fähre oder über die Autobahnbrücke (knapp 14 Euro Maut). Nach Griechenland kann man mit dem Personalausweis einreisen.

Unterwegs auf der Peloponnes

Die (wenigen) Autobahnen sind fast alle gebührenpflichtig, die kleineren Haupt- und Nebenstraßen dagegen wesentlich charmanter. Aber Achtung: Abseits der Hauptverkehrsstraßen werden die Straßenverhältnisse häufig sehr schlecht. Immer etwas mehr Zeit einplanen, als das Navi vorschlägt. Distanzen sehen zwar kurz aus, aber aufgrund der Straßenbeschaffenheit ziehen sich auch kurze Strecken schnell in die Länge. In Griechenland ist es Pflicht, ein Warndreieck, einen Feuerlöscher und Verbandskasten mitzuführen. Diesbezüglich auch über die Bestimmungen der Transitländer informieren.

Übernachten & Campen

Offiziell ist es in Griechenland nicht gestattet, frei zu stehen. Es wird, vor allem in der Nebensaison und abseits der Touristenhotspots, jedoch großzügig toleriert, wenn man sich entsprechend verhält. Im November haben außerdem die meisten Campingplätze bereits geschlossen. Ansonsten ist das Campingnetz vor allem an der Küste gut ausgebaut. In den heißen Sommermonaten gilt ein striktes Verbot von offenem Feuer, im Zweifelsfall vor Ort nachfragen.

Navigation & Karten

Möchte man zusätzlich zur Navigation einige Informationen zur Straßenbeschaffenheit, zu Sehenswürdigkeiten und Campingplätzen, empfiehlt sich die Autokarte von Freytag & Berndt im Maßstab 1:150.000 (11,90 Euro, ISBN: 9783707910575). Bei den Reiseführern gibt es ein großes Angebot, beispielsweise den Peloponnes-Reiseführer von Marco Polo (13,99 Euro, ISBN: 9783829728645).

Beste Reisezeit

Die beste Reisezeit ist Herbst oder Frühling. Im Sommer ist es sehr heiß und es sind wesentlich mehr Touristen unterwegs. Im Winter kann es kühl und regnerisch sein, viele Tavernen haben geschlossen. Im Herbst ist das Klima angenehm und das Meer noch aufgewärmt von den Sommermonaten. Ausgrabungsstätten sind deutlich günstiger zu besuchen und vor allem weniger besucht.

Sicherheit & Gesundheit

Griechenland gilt als relativ sicheres Reiseland. In den großen Städten ist Kleinkriminalität nicht ausgeschlossen, an belebten und beliebten Orten kann es zu Camperaufbrüchen und Diebstahl kommen. Das Auswärtige Amt warnt außerdem davor, in der Gegend um Patras Anhalter mitzunehmen. Als Reiseimpfungen werden Impfungen gegen Hepatitis A empfohlen, bei Langzeitaufenthalt oder besonderer Exposition auch gegen Hepatitis B und FSME.

Infos für Hundehalter

Bei der Einreise nach Griechenland mit einem Hund sind ein EU-Heimtier­ausweis sowie eine Mikrochip-Kennzeichnung erforderlich. Außerdem muss eine gültige Tollwutimpfung (Erstimpfung mindestens 21 Tage vor Grenzübertritt) im Heimtierausweis eingetragen sein.

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